Gefunden auf Indymedia.org. Der Text bezieht sich auf diesen Vorfall.

In Frankfurt am Main gibt es einen aussergewöhnlichen Repressionsfall – der von weniger aussergewöhnlicher Anti-Rep Arbeit begleitet wird.

Repression ist kein Skandal – zum Umgang mit Repression in Frankfurt am Main

In Frankfurt am Main gibt es einen aussergewöhnlichen Repressionsfall. Eine junge Frau, die seit einigen Jahren häufiger für linksradikale Projekte Presse spricht wird fast täglich von den Bullen kontrolliert und schikaniert. Das ganze seit 7 Wochen, von einer verdeckten Observierung im Vorfeld (und immer noch andauernd) kann ausgegangen werden. Was weniger aussergewöhlich ist, ist die Reaktion der radikalen Linken Bewegung in Frankfurt.

Wir wollen hier unsere Kritik an der Öffentlichkeitsarbeit und dem Szene-Internen Repressionsumgang darlegen. Wir wollen damit explizit nicht die betroffene Person kritisieren, sondern die entsprechend (nicht) arbeitenden Strukturen. Dass 7 Wochen Drangsalierung von einer Person durch die Bullen ohne Gegenreaktion von uns viel zu lang ist, sollte allen klar sein. Dass wir den Bullen mit unsere nicht-Reaktion, und vor allem auch der Betroffenen damit unsere eigene Unfähigkeit der Gegenwehr demonstriert haben, auch. Wir wollen uns hier auf Öffentlichkeitsarbeit fokussieren und nicht länger auf eventuelle Gegenreaktionen etc. eingehen, eine Diskussion darüber wäre aber in anderem Rahmen sehr sinnvoll. Kurz sei angemerkt: Die entsprechenden Strukturen sollten dringenst ihr Anti-Rep Konzept überarbeiten (falls vorhanden). Beim Umgang mit Repression geht meist vieles schief und das ist auch verständlich. Wir alle müssen mit unserem Stress, unserer Unsicherheit umgehen und uns ständig auf neue Gesetze, Befugnisse oder Strategien des Staates und der Bullen einstellen. Aber immerhin findet meist ein Umgang statt. 7 Wochen Untätigkeit gefolgt von einer Öffentlichkeitsarbeit die bürgerlicher kaum sein könnte, ist nicht nur ein Versagen das auf Frankfurt und die einzelne Betroffene zurück fällt. Repression ist einer der entscheidenden Punkte, warum wir so viele Menschen verlieren oder Menschen erst gar nicht aktiv werden. Ein Scheitern hier, bedeutet Verunsicherung für uns alle.

Die Betroffene steht öffentlich mit ihrer Stimme und ihrem Gesicht für linksradikale Projekte, die ganz offen auch illegale Aktionen beinhalten, beispielsweise die Besetzung der Günderroderstr. im Gallusviertel wurde von ihr öffentlich begleitet. Offensichtlich kämpft diese Person gegen die Verhältnisse, die Recht und Gesetz so dringen schützen wollen. Das macht sie für den Staat gefährlich und deshalb wurde sie dafür angegriffen – nicht dafür, mit der Presse gesprochen zu haben! Um so weniger sinnhaft ist es, jetzt eine Kampange zu starten, die die Titel trägt „Lasst Jule in Ruhe – Repressionsskandal in Frankfurt – Pressearbeit ist kein Verbrechen!“. Ganz abgesehen davon, dass es wohl kaum einen einfallsloseren Titel gegeben hätte: Warum zur Hölle sollte es wichtig sein, ob das was Jule gemacht hat, nach den Strafgesetzbüchern ein Verbrechen oder nicht ist? Warum müssen wir uns daran abarbeiten, dass die Vorgaben des Staates doch eingehalten wurden? Bürgerlicher als die Bullen: Die interessiert (wie so oft) nämlich nicht, ob ihr Vorgehen jetzt von irgendwelchen Gesetzbüchern gedeckt ist, oder nicht. Sie machen es aus Überzeugung. Auch das bürgerliche Recht der Pressefreiheit wird in diesem Fall, entgegen der Skandalisierung im Text, hierdurch übrigens nicht eingeschränkt, beschreibt es doch das „Recht von Einrichtungen des Rundfunks, der Presse und anderer Medien auf ungehinderte Ausübung ihrer Tätigkeit, vor allem auf die staatlich unzensierte Veröffentlichung von Nachrichten und Meinungen“. Das sollte für uns hier jedoch egal sein, da eben politische Arbeit angegriffen wird.

Das Autorenkollektiv des Anti-Repressionshandbuches „Wege durch die Wüste“ (Das Buch sei euch wärmstens ans Herz gelegt!) hat zu dieser gängigen Reaktion in der radikalen Linken Bewegung im übrigen schon vor einigen Jahren gut zusammengefasst was immer wieder schief läuft:

„Das Skandalisieren staatlicher Repression, das immer wiederkehrende Betonen der eigenen Ungefährlichkeit und Unschuld oder das Beklagen der eigenen Opferrolle angesichts von Repression sind sowohl Zeichen einer Fehleinschätzung eben dieses Konfrontationsverhältnisses als auch eine Unterschätzung der eigenen Rolle als politische Bewegung. Staatliche Repression ist kein Skandal, sondern eine logische Konsequenz. Es kann nicht darum gehen, uns immer wieder als Opfer staatlicher Maßnahmen zu begreifen, sondern darum, uns auf staatliche Angriffe einzustellen und Strukturen zu entwickeln, die auf diese Angriffe reagieren können. Es kann nicht darum gehen einen imaginären Rechtsstaat zu beschwören – das hier ist der Rechtsstaat!“

Wir wollen (bei aller Wut und Polemik) unsere Kritik als eine solidarische verstanden haben. Wir müssen alle gemeinsam am Umgang mit Repression arbeiten und wollen aus unseren gemeinsamen Fehlern lernen, um beim nächsten Fall schneller und stärker reagieren zu können.

Ein Schritt in die richtige Richtung wird es sein, am 23. September um 15 Uhr an der bundesweiten Demo teilzunehmen und dabei nicht an den Staat oder die Bullen zu appellieren. Nicht anzuklagen, dass Bullen sich fehlverhalten haben, sondern klar zu machen: Das ist kein Fehlverhalten seitens der Bullen. Die Schweine sind genau dafür da und das wissen wir auch! Deswegen kämpfen wir ja auch gegen sie und das Dreckssystem, das die beschützen.

Zu Guter letzt ein paar aufmunternde Worte: Die Bullen versenken gerade jeden Tag scheiß viel Geld,und das, weil sie in uns eine Gefahr sehen. Es passiert wieder etwas in Frankfurt! Militante Aktionen und Demos, Besetzungen, Organizing, die Stadt hat wieder Energie und das spüren auch die Schweine.

In diesem Sinne: Die Bullen nehmen uns schon ernst – wann tun wir es?

Solidarische Grüße an Jule und alle Betroffenen von staatlicher Repression!

Wir sehen uns auf der Straße!